Mediale Konflikte um postkoloniale Studien und Antisemitismus in Deutschland

Aram Ziai

Einführung der Redaktion: „Antisemitismus“ ist zu einem herrschaftstechnischen Begriff gemacht worden, der dazu dient, Kritik an den herrschenden Zuständen mundtot zu machen. Dies bezieht sich nicht nur auf die Untaten des israelischen Regimes, sondern auf eine Vielzahl gesellschaftlicher Meinungsäußerungen, Organisationsansätze, wissenschaftliche und kulturelle Initiativen. Und dies unter Mithilfe großer Teile dessen, was als „demokratische Zivilgesellschaft“ bezeichnet wird, etwa führende Medien. Damit breitet sich eine Art sanfter Totalitarismus aus, durch   den grundlegende demokratische Strukturen – freie Diskussion, Information und Meinungsbildung – beschädigt werden. Siehe dazu auch den Beitrag „Der Autoritarismus schreitet voran“ von Joachim Hirsch vom 13. März 2025 hier im links-netz. Aram Ziai untersucht dies am Beispiel der Kampagnen gegen postkoloniale Theoriebildung und Forschung, Er ist Professor für Entwicklungspolitik und Postkoloniale Studien an der Universität Kassel.

Der nachstehende Text ist die gekürzte Fassung eines Betrags aus der Zeitschrift PROKLA. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft. Bd. 55 Nr. 219 (2025).

Aufstieg und Fall der postkolonialen Studien in der deutschen Öffentlichkeit

Seit zu Beginn des 21. Jahrhunderts post- und dekoloniale Perspektiven, die sich mit dem Kolonialismus und seinen Nachwirkungen beschäftigen, in den deutschsprachigen Geistes- und Gesellschaftswissenschaften zunehmend Anerkennung fanden, wuchs – sicher auch beeinflusst von den zahlreichen postkolonialen Städteinitiativen – das Interesse der deutschen Öffentlichkeit an diesem Thema (s. Prokla Nr. 158). Dies hat sich im letzten Jahrzehnt noch verstärkt, unter anderem durch die Rezeption internationaler Debatten um Black Lives Matter und Rhodes Must Fall, aber auch durch die offizielle Anerkennung des Völkermords an den Herero und Nama seitens der BRD 2021. Der Historiker Sebastian Conrad (2022: 31) spricht von einer „Aufmerksamkeitsexplosion“ für die koloniale Vergangenheit. Parallel dazu lässt sich als Reaktion eine revisionistische Gegenbewegung beobachten, getragen von konservativen und rechten Publizist*innen, Politiker*innen und Politikwissenschaftler*innen, die mal die Befreiung vom Kolonialismus als eine Katastrophe darstellen (Stein 2015), mal eine Rekolonisierung fordern (Martenstein 2015) oder den Kolonialismus generell als eine legitime und für die Kolonisierten vorteilhafte Herrschaftsform ansehen (Gilley 2019). Die AfD hat unterdessen ihre Forderung nach einer „differenzierten Aufarbeitung“ der deutschen Kolonialzeit nicht nur mit einer Leugnung des Völkermords in Deutsch-Südwestafrika verbunden, sondern auch mit einem Angriff auf den „kulturmarxistisch inspirierte[n] Post- und Dekolonialismus“ (AfD-Fraktion 2019b: 9), der antiwestlich, realitätsfern und unwissenschaftlich sei und sich des „intellektuellen Terrors“ bediene, um Meinungsfreiheit und Universalität zu unterminieren (AfD-Fraktion 2019b: 10). Diese Vorwürfe der politischen Rechten blieben jedoch in der liberalen und linken deutschen Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet und folgenlos. Das änderte sich jedoch deutlich in den folgenden Jahren, vor allem dadurch, dass die Vorwürfe gegen die postkolonialen Studien um ein entscheidendes Element erweitert wurden: den Antisemitismus (AfD-Fraktion 2022). Dies geschah primär in Folge des Bundestagsbeschlusses von 2019 zur anti-israelischen Kampagne Boycott, Divestment, Sanctions (BDS), wobei weder im Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen selbst (CDU/CSU u.a. 2019), noch im vorangegangenen AfD-Antrag (AfD-Fraktion 2019a) der Zusammenhang zwischen Antisemitismus und postkolonialen Studien hergestellt wird. Im Zuge der öffentlich ausgetragenen Konflikte um Antisemitismus der nächsten Jahre änderte sich dies doch grundlegend. In vielen Medien – von der FAZ (Klein 2024) über den FOCUS (Fleischhauer 2023), den SPIEGEL (Pfister 2023) bis hin zur taz (Cheema/Mendel 2020) – wurden postkoloniale Studien für Antisemitismus verantwortlich gemacht. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein (2024) ist überzeugt: „Der ungeniert zur Schau gestellte Antisemitismus in deutschen Hörsälen baut auf dem schiefen Theoriegebäude der postkolonialen Bewegung auf“. Die Fundamentalkritik an den postkolonialen Studien, früher dem rechten Rand vorbehalten, hat über den Vorwurf des Antisemitismus offenbar die Mitte der Gesellschaft erreicht und bildet die herrschende Meinung weiter Teile der Öffentlichkeit sowie der Regierung. Dieser Entwicklung möchte der vorliegende Beitrag auf den Grund gehen. Dabei zeichnet er zunächst einige der erwähnten Konflikte in den Medien nach und untersucht dabei, welche Verständnisse von Antisemitismus den Vorwürfen unterschiedlicher Akteure zugrunde liegen. Im anschließenden Teil baut er auf diese Darstellung auf und versucht, anhand dreier Ansätze (entgrenzter Antisemitismusbegriff, deutscher Kontext, Eurozentrismus) ein Modell zum Verständnis der neu gewonnenen Hegemonie einer Fundamentalkritik an post- und dekolonialen Studien als antisemitisch zu erarbeiten sowie deren Theorien für die Untersuchung der erwähnten Konflikte produktiv zu machen.

Konflikte um Antisemitismus in der deutschen Öffentlichkeit

Es gab seit 2019 eine Vielzahl von Konflikten um Antisemitismus, von denen hier nur beispielhaft einige herausgegriffen werden, die ein überregionales Medienecho erfuhren und – zunehmend explizit – mit postkolonialen Studien in Verbindung gebracht worden sind.

Konfliktfall 1: Antisemitismus bei Mbembe

Mit Antisemitismusvorwürfen konfrontiert wurde unter anderem der kamerunische Historiker und Sozialphilosoph Achille Mbembe, ein prominenter Vertreter der postkolonialen Studien, der auf der Ruhrtriennale 2020 die Eröffnungsrede zum Thema planetarische Solidarität halten sollte. Der kulturpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Landtag von NRW, Lorenz Deutsch, kritisierte, dass Mbembe „die israelfeindliche BDS-Bewegung“ unterstütze, während der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein Mbembes Antisemitismus durch Relativierung des Holocaust, Infragestellung des Existenzrechts Israels und Gleichsetzung des Staats Israels mit dem Apartheidsystem Südafrikas belegt sah (Protest gegen Auftritt von Mbembe, 2020). Die eher dem linksliberalen Lager zuzurechnende Publizistin Saba-Nur Cheema und der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, sekundierten, dass für Mbembe das Problem nicht die aktuelle israelische Regierungspolitik sei, die sie selbst kritisieren, sondern „die schiere Existenz des Judenstaats“ (Cheema/Mendel 2020). Über Mbembe hinausgehend, erweiterten sie ihre Kritik auf die postkolonialen Studien insgesamt, die Antisemitismus „nur als eine andere Form von Rassismus“ verstünden und durch eine „fortgesetzte, völlig unreflektierte Dämonisierung Israels“ zur Reproduktion antisemitischer Denkstrukturen sowie zur „Unfähigkeit, Antisemitismus als Problem ernst zu nehmen“, führten (Cheema/Mendel 2020). In der Diskussion wurden verschiedene Begründungen des Antisemitismusvorwurfs genannt und zum Teil auch belegt. Klein sah den Holocaust dadurch relativiert, dass Mbembe in seinem Buch Politik der Feindschaft (Mbembe 2017) die ideologischen Hintergründe des südafrikanischen Apartheidsystems und die völkische Ideologie des NS als Manifestationen eines ähnlichen Musters begreift. Andererseits würde er die Apartheid Südafrikas mit der israelischen Besatzungspolitik gleichsetzen. So wird quasi über die Bande Südafrika eine Gleichsetzung der Verbrechen Nazideutschlands und Israels diagnostiziert, was gemeinhin als Holocaustrelativierung gilt. Der Holocaustforscher Michael Rothberg hat in seiner „Ethik des Vergleichs“ vorgeschlagen, dieses Stilmittel in zweierlei Hinsicht genauer zu untersuchen (Rothberg 2024). Erstens: Erlaubt der Vergleich die Wahrnehmung von Unterschieden oder werden sie zum Verschwinden gebracht? Zweitens: Zielt der Vergleich auf Solidarität oder auf Spaltung und Konflikt zwischen Opfergruppen ab? Wer Mbembes Texte nach diesen Kriterien prüft, stellt zunächst fest, dass dieser betont, der Kampf gegen Antisemitismus sei „von absoluter Dringlichkeit“ und an anderer Stelle postuliert: „An jedem der zahllosen Orte der Enteignung, des Traumas und der Verlassenheit ist das Gesicht der Menschheit als Ganzes entstellt. Nicht nur das einer Rasse, eines Stammes oder einer Religion.“ (Mbembe 2020). Insofern wendet er sich mit seinem Vergleich gegen rassistische Ideologien jedweder Art und zielt nicht auf Konkurrenz, sondern auf Solidarität zwischen den Opfern verschiedener menschenverachtender Regime. Wie steht es nun um die von Rothberg gestellte Frage nach dem Umgang mit Unterschieden? Tatsächlich schreibt Mbembe, dass „die israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete (…) in mancherlei Hinsicht an das berüchtigte Modell der Apartheid“ in Südafrika erinnern würde (Mbembe 2017: 84 f.). Es werden eher die Gemeinsamkeiten als die Unterschiede betont, aber begleitet von der Einschränkung auf die besetzten Gebiete, nicht im Hinblick auf den Staat Israel insgesamt. Auch sieht Mbembe die Politik der Apartheid – beziehungsweise des Trennungswahns – nicht nur in Israel, sondern überall dort am Werk, „wo gesellschaftliche Kräfte das Politische vornehmlich als tödlichen Kampf gegen unbeugsame Feinde verstehen“ (Mbembe 2017: 117). Der Holocaust wird dabei in einem Zusammenhang mit Kolonialismus und Faschismus gesehen (Mbembe 2017: 114). Den inkriminierten Vergleich des südafrikanischen Apartheidregimes mit dem nationalsozialistischen Deutschland schränkt Mbembe ein, sie seien beide Manifestationen rassistischer Politik, aber „in einer ganz anderen Größenordnung“ (Mbembe 2017: 89). Unterschiede werden also durchaus wahrgenommen und benannt. Somit ist, Rothbergs Kriterien zugrunde legend, der Vergleich weniger von einer Auslöschung von Unterschieden und einer Spaltung von Opfergruppen gekennzeichnet, sondern eher von Solidarität und Menschenrechtsuniversalismus. Hinsichtlich der Frage des Existenzrechts Israels hat sich Mbembe klar positioniert: es sei „grundlegend für das Gleichgewicht der Welt“, so der Autor in dem von Cheema und Mendel zitierten Artikel (Mbembe 2020). Und selbst dort, wo Mbembe behauptet, die Besatzung Palästinas sei „the biggest moral scandal in our times“, betont er im selben Absatz auch das Recht Israels, „to live in peace“ (zitiert nach Carp 2022: 29). Was die Boykott-Kampagne BDS angeht, betont Mbembe, dass er eine Kooperation mit Institutionen oder Individuen ablehnt, die in Verletzungen von Völker- oder Menschenrechten in den palästinensischen Gebieten verstrickt sind, aber explizit kein Mitglied von BDS sei (zitiert nach Carp 2022: 42). Teile der Antisemitismusvorwürfe basieren somit auf nachweisbaren Positionen (Apartheid), andere jedoch auf kontingenten Interpretationen (Holocaustrelativierung) bzw. auf ungenauen (BDS) oder inkorrekten Aussagen (Existenzrecht Israels).

Konfliktfall 2: Antisemitismus im zweiten Historikerstreit

Antisemitismusvorwürfe wurden auch im Zuge des sogenannten zweiten Historikerstreits erhoben (Friedländer u.a. 2022; Neiman/Wildt 2022; Zimmerer 2023), der Auseinandersetzung um die Singularität des Holocaust. Der zunächst vor allem in den Feuilletons geführte Streit war angestoßen worden von postkolonialen Thesen zu Kontinuitätslinien zwischen dem Völkermord an den Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika und dem nationalsozialistischen Völkermord (Zimmerer 2011), zur Forderung nach einer Enttabuisierung des Vergleichs des Holocaust mit anderen, vor allem kolonialen Völkermorden (Zimmerer/Rothberg 2021) und einer „multidirektionalen Erinnerung“ (Rothberg 2021) sowie zur Existenz eines „deutschen Katechismus“ in der Erinnerungspolitik (Moses 2021). In der Debatte wurden erneut Vorwürfe artikuliert, die postkolonialen Studien würden Antisemitismus den Weg bereiten.

Exemplarisch sollen zwei Argumentationen an dieser Stelle diskutiert werden. Die Journalistin Tania Martini (2022) verteidigt die These von der Singularität des Holocaust: „Der Massenmord an den europäischen Juden war ein industrialisierter Massenmord und eben genau nicht primär getrieben von ökonomischen oder territorialen Interessen. Es ging nicht darum, andere gefügig zu machen oder zu unterwerfen, sondern unter Aufwendung größter Ressourcen einen Wahn in sinnloses Morden zu übersetzen. Das unterscheidet den Genozid an den Juden fundamental von den kolonialen Verbrechen.“. Diesen qualitativen Unterschied zu leugnen, wie es die postkolonialen Studien täten, bagatellisiere beziehungsweise relativiere den Holocaust.  Um diese Differenz zu fassen, prägte Dan Diner den Begriff des „Zivilisationsbruchs“. Für ihn widerlegte die Shoah die Annahme einer auf Rationalität aufbauenden Zivilisation, die eine „grundlose Massentötung […] schon aus Gründen von Interessenkalkül und Selbsterhaltung der Täter ausschließt“ (Diner 1988: 7). Deswegen gehe von der Shoah ein „mehr“ an Schrecken, ein kognitives Entsetzen aus, das in anderen Genoziden nicht auftrete (Diner 2022: 79). Dieses Faktum sei aber für die postkoloniale Seite „eine als unerträglich empfundene Anmaßung“ (Diner 2022: 78) und das Bestreiten der Singularität im zweiten Historikerstreit sei somit argumentativ nahezu identisch wie das im ersten (Diner 2022: 77) – in dem es politisch auf die Verharmlosung der nationalsozialistischen Verbrechen zielte.

Antisemitisch sind die postkolonialen Thesen also in dieser Sicht, weil sie die singuläre Qualität des Holocaust leugnen beziehungsweise bagatellisieren und Israel als Siedlerkolonie und Apartheidstaat, statt als Zuflucht der Überlebenden verstehen. Diese Argumentation ist in verschiedener Hinsicht problematisch. Zum einen blendet sie hinsichtlich der vermeintlich grundlosen Vernichtung die Dimension der »Arisierung« und der materiellen Interessen gänzlich aus (Aly 2005). Auch ignoriert sie das A. Dirk Moses (2008) zufolge in Genoziden häufig anzutreffende zweckrationale Muster, die Sicherheit der eigenen Gruppe durch die Vernichtung einer diese (real oder vermeintlich) bedrohenden anderen Gruppe zu erreichen. Zweitens ist in Diners Argumentation unschwer eine Naturalisierung utilitaristischen beziehungsweise nutzenmaximierenden Handelns zu erkennen. Diner zufolge rührt das kognitive Entsetzen daher, dass sich die Nazis auch nicht durch materielle Interessen vom Morden abhalten ließen, dies ist für ihn der irrationale Bruch der Zivilisation. Drittens erscheint Diners Rede vor dem Hintergrund außereuropäischer Gewalt- und Genoziderfahrungen eurozentrisch. Warum soll von der jahrhundertelangen Behandlung als Untermenschen, der Versklavung, der Folter, der willkürlichen und grausamen alltäglichen Gewalt, der Vernichtung ganzer Kulturen und den Genoziden im europäischen Kolonialismus (siehe Plumelle-Uribe 2004) weniger Schrecken und Annahmen über Menschlichkeit erschütterndes Entsetzen ausgegangen sein? Was die Fragen von Israel als Apartheidstaat und Siedlerkolonialismus angeht, ist zunächst ganz simpel die Ambivalenz zu konstatieren, die der palästinensische Intellektuelle Raef Zreik beschrieben hat: „Die Europäer sehen den jüdischen Flüchtling auf der Flucht, der um sein Leben ringt. Der Palästinenser sieht das Gesicht des kolonialen Siedlers, der sein Land übernimmt“ (zitiert nach Goldberg/Confino 2020). Dass es im Zionismus um die Kolonisierung Palästinas und die Vertreibung der Palästinenser gehe, sagten Zionisten wie Jabotinsky und Kaplan in den 1920er- und 1930er-Jahren offen. (Goldberg/Confino 2020; Shah 2025) Die israelische Direktorin des Simon-Dubnow-Instituts Yfaat Weiss bekräftigt dies: „Selbstverständlich waren sich alle Zionisten, die sich mit der Besiedlung Palästinas beschäftigt haben, dessen bewusst, dass es sich dabei um ein koloniales Unternehmen handelt“. (zitiert nach Brumlik 2021: 119) Und die den Apartheidvorwurf untermauernden unterschiedlichen Rechtsnormen für Palästinenser*innen und Israelis vor allem in den von Israel besetzten Gebieten sind gleichermaßen von internationalen wie israelischen Menschenrechtsorganisationen ausführlich dokumentiert worden. Beide Bezeichnungen – Apartheidstaat und Siedlungskolonialismus – sind dabei durchaus vereinbar mit der Feststellung, dass Israel eine Zuflucht für zahlreiche traumatisierte Holocaustüberlebende war und ist, auch wenn die verschiedenen politischen Lager die ihnen jeweils unbequeme Seite (Zuflucht einerseits, Siedlerkolonie andererseits) gerne ausblenden.

Konfliktfall 3: Antisemitismus in den Reaktionen auf den 7. Oktober

Nach dem Massaker der Hamas und anderer bewaffneter Gruppen an israelischen Zivilist*innen im Rahmen der militärischen Offensive am 7. Oktober 2023 wurde es in den sozialen Medien durch eine Reihe von Personen mit tatsächlicher oder zugeschriebener anti-, post- oder dekolonialer Positionierung gerechtfertigt. Am bekanntesten wurde ein Post der US-amerikanisch-somalischen Publizistin Najma Sharif (2024), die schrieb „what did y‘all think decolonization meant? vibes? papers? essays? Losers.“ Es gab noch weitere Beispiele positiver Reaktionen, die die Aktion als Befreiungskampf deuteten oder zumindest als verständliche Reaktion auf die jahrzehntelange Besatzung. Teilweise wurde dabei auf Frantz Fanon Bezug genommen, der Gewalt als notwendiges Mittel zur Überwindung der gewalttätigen Kolonialherrschaft beschrieben hatte. Diese Reaktionen wurden nicht nur als mangelnde Empathie mit den (meist israelischen und oft jüdischen) Opfern des Massakers interpretiert, sondern als Antisemitismus. Gleichzeitig wurde Judenhass mit postkolonialer Theorie in Verbindung gebracht oder gleich als ihre Konsequenz angesehen (Klein 2024). Die Argumentationen hinsichtlich des Antisemitismus stützen sich dabei auf das bereits diskutierte Verständnis Israels als Siedlungskolonie und Apartheidstaat. Damit verknüpft wird der postkolonialen Theorie vorgeworfen, die Welt rassistisch in weiße Täter und nichtweiße Opfer einzuteilen und Empathie nur für Letztere zu erlauben. Des Weiteren betreibe sie Gehirnwäsche an deutschen Unis, predige Hass auf den „Westen“, besonders auf jüdische Menschen und Israel, und sehe die Vorstellung, „westliche Werte“ (Toleranz, Menschenrechte) seien gewalttätigen und Frauen steinigenden Religionen überlegen, als koloniales Denken an (Klein 2024, Pfister, 2023, Fleischhauer 2023). Diese Vorwürfe sind bei einer näheren Betrachtung postkolonialer Theoretiker*innen wie Stuart Hall, Gavatri Chakravorty Spivak oder Edward Said haltlos und allenfalls im Hinblick auf einen Vulgärpostkolonialismus in sozialen Medien diskussionswürdig. Im Fall des 1935 im britischen Mandatsgebiet Palästina geborenen Edward Said stützt sich der Antisemitismusvorwurf auch auf den in einem Interview von ihm geäußerten Satz, dass „die Palästinenser unter israelischer Besatzung heute genauso machtlos sind wie die Juden in den 1940er Jahren“ und Saids „Umdeutung“ des „zionistischen Projekts zu einem Kolonialrassismus“, mithin die „Leugnung“ des Existenzrechts Israels (Matthies 2024). Unerwähnt bleibt oft, dass Said sich klar für eine Vermittlung zwischen zionistischen und palästinensischen Ansprüchen auf das umstrittene Land ausgesprochen hat (Said 2003) und ein gleichberechtigtes Zusammenleben von jüdischen und arabischen Menschen in einem demokratischen säkularen Staat anstrebte (Said 1979: 52). Er anerkannte auch die Funktion des Staates Israel als Zufluchtsort vor dem Naziterror, bestritt aber, dass die Vertreibung und Entrechtung palästinensischer Menschen eine gerechtfertigte Entschädigung für das jüdische Leiden darstelle (Said 1979: 48). Somit setzte er durchaus die Opfer – jüdische damals, palästinensische heute –, nicht aber die Täter gleich. Und mit seiner Kritik an der Nakba stellte er Israel in Frage, was in der hegemonialen Öffentlichkeit eindeutig als antisemitisch wahrgenommen wird. Die mediale Empörung über die postkolonialen Studien war eng verknüpft mit der über propalästinensischen Aktivismus, vor allem im Kontext der Verteilung von Süßigkeiten in Neuköllner Straßen nach dem 7. Oktober. Die deutschen Behörden reagierten nicht nur mit dem Verbot der palästinensischen Organisationen Hamas und Samidoun (Bundesregierung 2024), sondern auch mit der Kriminalisierung von Kufiyas und des Slogans „From the river to the sea, Palestine will be free“, der aufgrund einer (wahrgenommenen) Leugnung des Existenzrechts Israels als antisemitisch angesehen wird; teilweise wird er als Äußerung genozidaler Absichten verstanden. Auch wurde nun verstärkt der BDS-Beschluss des Bundestags gegen propalästinensische beziehungsweise israelkritische jüdische Intellektuelle angewandt, die prominentesten unter ihnen waren Nancy Fraser und Masha Gessen. Im November 2024 verabschiedete der Bundestag eine Resolution zum „Schutz jüdischen Lebens in Deutschland“, gegen die Verfassungsrechtler*innen schwere Bedenken hinsichtlich der Beschneidung von Grundrechten äußerten – wie auch gegen die BDS-Resolution von 2019 (Jäckels 2024).

Hermeneutische Rekonstruktion

Im letzten Teil des Artikels will ich versuchen, die oben beschriebene Konfliktkonstellation – eine in den letzten Jahren lagerübergreifende Verurteilung postkolonialer Theorien und Argumente in verschiedenen Bereichen als antisemitisch – hermeneutisch zu rekonstruieren beziehungsweise zu verstehen. Dabei wird auf drei Ansätze zurückgegriffen, die nicht in Konkurrenz zueinanderstehen, sondern einander ergänzen. Erstens geht es um einen entgrenzten Antisemitismusbegriff auf der Grundlage der Definition der IHRA, zweitens um den spezifisch deutschen Kontext (u.a. in Folge des ersten Historikerstreits), drittens um Eurozentrismus und den Beitrag postkolonialer Theoriekonzepte.

Ansatz 1: Entgrenzter Antisemitismusbegriff auf Grundlage der IHRA-Definition

In einer Reihe von Fällen wurde im vorangegangenen Abschnitt bereits darauf Bezug genommen, dass in den diskursiven Konflikten eine sehr weite Definition von israelbezogenem Antisemitismus angewandt wurde, die sich oftmals auf die Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) stützt (IHRA – International Holocaust Remembrance Alliance 2016). Israelbezogener Antisemitismus ist nach Thomas Haury eine „Umwegkommunikation“, die das „Kommunikationstabu, sich offen judenfeindlich zu äußern, unterläuft“, indem sie quasi als Ersatz den Staat Israel kritisiert, dies allerdings auf der Grundlage antisemitischer Einstellungen und Projektionen tut (Haury 2024: 42 f.). Die IHRA definiert Antisemitismus als „eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass gegenüber Jüdinnen und Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“ (IHRA 2016) Die „bestimmte“ Wahrnehmung wird allerdings nicht näher bestimmt, stattdessen an einer Reihe von Beispielen illustriert, die mehrheitlich den Staat Israel betreffen. Eines dieser Beispiele für Antisemitismus ist: „Das Aberkennen des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, zum Beispiel durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen“ (IHRA – International Holocaust Remembrance Alliance 2016). Der Rassismusvorwurf (und die verwandten Vorwürfe Siedlungskolonialismus und Apartheidstaat) wird hier demnach als Leugnung des Rechts auf Selbstbestimmung jüdischer Menschen interpretiert. Trotz der ausführlich dokumentierten Evidenz dieser Vorwürfe werden sie hier als antisemitisch und somit als unberechtigt dargestellt. Die Möglichkeit, dass jüdische Selbstbestimmung auch in einem Staat mit völliger Gleichberechtigung palästinensischer Menschen gewährleistet sein könnte, wird nicht erwogen. Als weiteres Beispiel für Antisemitismus führt die IHRA-Definition an: „Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik der Nationalsozialisten.“ (IHRA – International Holocaust Remembrance Alliance 2016). Es wird also davon ausgegangen, dass alle Vergleiche dieser Art erstens falsch und zweitens von Judenhass motiviert sein müssen – ungeachtet möglicher Kriegsverbrechen der israelischen Armee oder generell der fundamental verschiedenen Kräfteverhältnisse (jüdische Menschen als schutzlose Minderheit im NS-Regime versus jüdischer Staat als überlegene Militär- und Besatzungsmacht im heutigen Nahostkonflikt). Der IHRA-Definition zufolge erübrigt sich auch eine Diskussion über die Kunstfreiheit im Zusammenhang mit Bildern der »Guernica Gaza«-Reihe: sie erfüllen – zumindest, wenn von einem Vergleich der Opfer (jüdische/palästinensische Menschen) auf einen Vergleich der Täter (Wehrmacht/IDF) geschlossen wird – den Tatbestand des Antisemitismus nach der IHRA-Definition. Die mögliche Instrumentalisierung der Definition für entgrenzte Antisemitismusvorwürfe wird deutlich, wenn beispielsweise unterstellt wird, der ganze Nahostkonflikt sei von (israelbezogenem) Antisemitismus geprägt (Deitelhoff u.a. 2023: 17). Damit wird nahegelegt, dass Hass auf jüdische Menschen, nicht etwa die zionistische Siedlungsbewegung und konkurrierende Ansprüche auf das Mandatsgebiet Palästina, ursächlich für den Konflikt verantwortlich seien. Auch lassen sich auf diese Weise sämtliche Verhandlungslösungen ausschließen, nur die Vertreibung und Vernichtung der Gegenseite wird Frieden bringen. In seinem Gutachten über die IHRA-Definition kommt der Antisemitismusforscher Peter Ullrich zu folgendem Schluss: „Vor allem aufgrund ihrer handwerklichen Schwächen, ihrer defizitären Anwendungspraxis, ihres trotzdem teilweise verbindlichen rechtlichen Status und ihrer politischen Instrumentalisierbarkeit mit problematischen Implikationen für die Meinungsfreiheit kann die Verwendung der ‚Arbeitsdefinition Antisemitismus‘ nicht empfohlen werden. … [Sie ist] faktisch ein zur Willkür einladendes Instrument. Dieses kann genutzt werden, um Grundrechte, insbesondere die Meinungsfreiheit, in Bezug auf missliebige israelbezogene Positionen zu beschneiden.“ (Ullrich 2019: 21).

Ansatz 2: Der spezifisch (west-)deutsche historische Kontext

Als zweiten Ansatz zum Verständnis der relativ plötzlich einsetzenden lagerübergreifenden und hegemonial gewordenen Gegnerschaft gegenüber den postkolonialen Studien möchte ich die (west-)deutsche Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus anführen und das Bemühen, gerade von liberaler und speziell linker Seite, sich von den Verbrechen der Nazis durch eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit und eine entsprechende politische Positionierung zu distanzieren. Im Unterschied zum staatlich verordneten Antifaschismus der DDR, musste in der BRD die kritische Distanz zum Nationalsozialismus und eine uneingeschränkte Zurückweisung des Antisemitismus über Jahrzehnte „hart erarbeitet“ (Conrad 2022: 35), beziehungsweise gegen Widerstände erkämpft werden – ein Prozess, der bis heute nicht vollständig abgeschlossen ist. Vier der „Schlachtfelder“ dieses Prozesses möchte ich exemplarisch nennen: die Rede von Bundespräsident Weizsäcker, der 1985 erstmals als hochrangiger Politiker der BRD das Ende des zweiten Weltkriegs nicht als Niederlage, sondern als Befreiung charakterisierte; der (erste) Historikerstreit, in dem Habermas Nolte und anderen Historikern die Verharmlosung des Holocaust vorwarf, weil sie diesen mit den Verbrechen Stalins auf eine Stufe stellten beziehungsweise ihn als Reaktion auf diese charakterisierten, und die Singularität des Holocaust affirmierte (Neiman/Wildt 2022); die Ausstellung zu den Verbrechen der Wehrmacht des Hamburger Instituts für Sozialforschung, die allerorts von Gegendemonstrationen begleitet wurde (Reemtsma 2022); sowie die Kontroverse um das Buch „Hitlers willige Vollstrecker“ des Politikwissenschaftlers Daniel Goldhagen (Goldhagen 1996). Diese Konflikte können als Eckpunkte „für die Festschreibung eines postfaschistischen Konsenses in Deutschland“ (Spehr 1999: 95) gesehen werden, der die Erinnerungspolitik des wiedervereinigten Gesamtdeutschlands sehr stark prägte. Meine These ist nun, dass viele Liberale und Linke hierzulande in diesen Konflikten sozialisiert wurden und verinnerlicht haben, dass eine Infragestellung der Singularität des Holocaust und sein Vergleich mit anderen Menschheitsverbrechen (aber auch, als erinnerungspolitische Konsequenz, eine grundlegende Infragestellung der Existenz Israels) eine Strategie der politischen Rechten ist, die es erinnerungspolitisch von progressiver Seite unbedingt abzuwehren gilt. Dabei nehmen sie nicht wahr, dass es der postkolonialen Seite nicht um eine Infragestellung dieses postfaschistischen beziehungsweise postnationalsozialistischen Konsens geht, sondern um seine Erweiterung auf andere rassistische Verbrechen und koloniale Völkermorde – im Sinne des „Nie wieder muss für alle gelten“), möglicherweise auch verbunden mit einer neuen Sprechposition für migrantische Deutsche ohne nationalsozialistische Verstrickung. Gegenüber diesen postkolonialen Bestrebungen kommt es sozusagen zu einem fehlgeleiteten Abwehrreflex, der im Kontext des Nahostkonflikts insbesondere von Seiten der israelischen Regierung, des Zentralrats der Juden in Deutschland und anderen pro-israelischen Akteuren nach Kräften unterstützt wird. Insbesondere seit dem 7. Oktober geschieht dies unter anderem mit dem Stilmittel der Gleichsetzung von Hamas mit den Nazis, oder der Gleichsetzung oder zumindest Parallelisierung des ersten Historikerstreits mit dem zweiten (Diner 2022: 77) – und eben auch mit der Brandmarkung postkolonialer Kritiken an Israel als Siedlungskolonie oder Apartheidstaat als antisemitisch.

Ansatz 3: Eurozentrismus und koloniale Muster

Als dritter Ansatz zum Verständnis der lagerübergreifenden Verurteilung postkolonialer Studien als antisemitisch kommt der Eurozentrismus hinzu, von dem auch Liberale und Linke nicht immer frei sind, auch nicht von kolonialen Denk- und Handlungsmustern. Dies zeigt sich in der empörten Verteidigung der Überlegenheit des Westens sowohl in wissenschaftlicher als auch in moralischer Hinsicht (Pfister 2023), aber auch in spezifischeren Argumentationsmustern, die mithilfe der postkolonialen Theorie identifiziert werden können. Das möchte ich im Folgenden demonstrieren.

Der Westen und der rückständige Rest: Eines der grundlegenden Theoreme der postkolonialen Studien geht davon aus, dass die Subjektkonstruktion des Westens als aufgeklärt und fortschrittlich im hegemonialen Diskurs auf das Gegenbild eines rückständigen Anderen angewiesen ist, das es zu zivilisieren gelte (Hall 1994: 173 f.).

Gerade im Kontext der gegenüber der documenta 15 geäußerten Antisemitismusvorwürfe wurden Stimmen laut, die besagten, man müsse sich nicht über Antisemitismus wundern, wenn man die Verantwortung für die Ausstellung Künstler*innen aus dem globalen Süden überlasse. Dass „die Deutschen“ die „Kontrolle“ über die Ausstellung abgegeben haben, habe, so der SPIEGEL, zur „größten kulturpolitischen Katastrophe in der Geschichte der Documenta“ geführt (Knöfel u.a. 2022). Auch andere Beiträge zu dieser Debatte waren geprägt von dem Gegensatz zwischen dem aufgeklärten, antisemitismusbewussten, moralisch überlegenen Selbst und den rückständigen Anderen, von einem Othering.

Der Westen als Träger universellen Wissens und universeller Normen: Dem indischen Historiker Dipesh Chakrabarty zufolge ist „Europa“ implizit das „theoretische Subjekt“ in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften: „Seit Generationen haben Philosophen und Sozialwissenschaftler Theorien aufgestellt, welche für die gesamte Menschheit Gültigkeit beanspruchen. Formuliert wurden diese Aussagen allerdings […] in relativer und bisweilen absoluter Unkenntnis der Erfahrungen der Mehrheit der Menschheit, das heißt derjenigen Menschen, die in nichtwestlichen Kulturen leben“ (Chakrabarty 2002: 283 f.).

Eine ähnliche Haltung war auch bei in den Kontroversen um die documenta fifteen zu erkennen.  Das Gremium zur fachwissenschaftlichen Begleitung und zur Aufarbeitung der Antisemitismusvorwürfe gegen die postkoloniale Kunstausstellung bestand letztlich ausschließlich aus Personen mit europäischem beziehungsweise „westlichem“ Hintergrund. Die einzigen Mitglieder mit nichtwestlichem Hintergrund (und Expertise in den postkolonialen Studien), der Kolonialhistoriker Facil Tesfaye und die später einbezogene Südostasienhistorikerin Elsa Clavé, sind aus dem Gremium ausgeschieden, weil sie ihre Perspektiven dort nicht vertreten sahen. Das hinderte den Rest der Kommission nicht daran, den Abschlussbericht auch ohne Perspektiven aus dem globalen Süden zu verfassen (Deitelhoff u.a. 2023: 11). Die eigenen Vorstellungen, Werte und Definitionen (was antisemitisch ist und was nicht) wurden dabei als universell angenommen, ohne sich auf einen Dialog über unterschiedliche Verständnisse von Antisemitismus einzulassen. Ermöglicht wurde dies durch die Annahme, der Westen sei befähigt, auf der Grundlage partikularer Erfahrung universell gültige Normen zu erkennen und zu formulieren.

Solche Fälle finden sich auch in Konflikten um den Antisemitismus der postkolonialen Studien wieder. Achille Mbembes mehrfache Bekenntnisse zum Existenzrecht Israels sind (wie oben dargestellt) in der medialen Debatte schlichtweg überhört – oder bewusst ignoriert – worden. Der Boykottaufruf von BDS wird mit dem nationalsozialistischen „Kauft nicht bei Juden!“ identifiziert, obwohl er sich ausdrücklich gegen den Staat Israel und nicht gegen jüdische Menschen als solche richtet (CDU/CSU u.a. 2019: 2).

In ähnlicher Weise wird der Aufruf „Free Palestine from German guilt“, mit dem propalästinensische Gruppen Deutsche dazu aufrufen, die Schuld des Nationalsozialismus nicht durch unbedingte Solidarität mit Israel abzutragen und so die Palästinenser*innen dafür büßen zu lassen, mit einem Schuldabwehrantisemitismus, wie er z.B. in der rechtsextremen Parole „Schluss mit dem Schuldkult“ zum Ausdruck kommt, in einen Topf geworfen (Deitelhoff u.a. 2023: 83, 89, 92). Während die erste Äußerung die Schuld der Deutschen an sich überhaupt nicht in Frage stellt (und bisweilen auch von jüdischen Holocaustüberlebenden vertreten wird (siehe Hass 2023)), ist die Schuldabwehr klare Zielrichtung der zweiten. Silencing: Mit diesem Begriff hat der Anthropologe Michel-Rolph Trouillot beschrieben, wie das für zeitgenössische Menschen in Europa damals undenkbare historische Ereignis einer erfolgreichen antikolonialen Revolution durch versklavte schwarze Menschen in Haiti strategisch beschwiegen beziehungsweise zum Schweigen gebracht wurde (Trouillot 2002).

Einen Schritt weiter als das Überhören geht das aktive Verhindern der Artikulation palästinensischer (Al-Taher 2024) und postkolonialer Stimmen mittels zahlloser Ausladungen, durch Auftrittsverbote und Kündigungen unter Verweis auf die BDS-Resolution des Bundestags. Abgesagt wurde unter anderem die auf der documenta 15 im Mai 2022 geplante Veranstaltungsreihe über Kunstfreiheit, Rassismus und Antisemitismus mit dem Titel „We need to talk“, nachdem der Zentralrat der Juden kritisiert hatte, nicht in die Planung eingebunden gewesen zu sein (Albrecht 2022). Abgesagt wurde im November 2022 ebenso eine vom Goethe-Institut in Tel Aviv geplante Buchdiskussion mit Amos Goldberg, Bashir Bashir und Charlotte Wiedemann unter dem Titel „Understanding the Pain of the Others“, als Reaktion auf den Protest der israelischen Regierung (Poppe 2022). Und nicht zuletzt durfte die 2008 mit Förderung der evangelischen Kirche erstellte Ausstellung über die Nakba  – die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung im Rahmen der Staatsgründung Israels 1948 –  auf dem evangelischen Kirchentag 2023 (vor dem 7. Oktober) nicht gezeigt werden, ohne dass es begründete fachliche Einwände gegeben hätte (Benz 2023). Die Liste ließe sich fortsetzen.

Koloniale Differenz: Aimé Césaire hat bereits 1955 die These vertreten, dass aus Sicht der „westlichen Zivilisation“ das unverzeihliche Verbrechen Hitlers nicht das Verbrechen gegen den Menschen an sich, sondern „das Verbrechen gegen den weißen Menschen“ gewesen sei, die Anwendung kolonialer Praktiken, denen vorher nur Menschen in Europas Kolonien ausgesetzt waren, auf Europa (Césaire 1968: 12). Er prangerte das Messen mit zweierlei Maß und die unterschiedliche Gewichtung von Menschenleben an, die unter anderem dazu führte, dass koloniale Völkermorde nicht mit einer allgemeinen Erklärung der Menschenrechte beantwortet wurden.

Dieses Muster wird auch im Nahostkonflikt kritisiert: Während das Existenzrecht Israels trotz seiner gewaltsamen Gründungsgeschichte in der deutschen Öffentlichkeit als unantastbar gilt (Pappé 2006), wurde und wird ein souveräner palästinensischer Staat seit jeher verhindert, jahrzehntelange völkerrechtswidrige Besatzung geduldet und laut Internationalem Gerichtshof ein möglicherweise genozidaler Krieg durch deutsche Waffenlieferungen unterstützt . Im aktuellen Gaza-Krieg erkennt der Anthropologe Ghassan Hage „alle Kennzeichen der kolonialen Strafexpedition“ wieder: Nachdem die Eingeborenen auf Vertreibung und Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen mit der Ermordung von Kolonisierenden reagieren, setzen die Kolonisierenden „die fortgeschrittensten Tötungstechniken gegen eine weit unterlegene Militärmacht ein und gehen zu einem genozidalen Massaker mit dem Ziel über, den Eingeborenen eine Lektion zu erteilen, ,die sie nie vergessen werden‘. Das ist die Art, wie die Kolonisierenden immer ihre sehr besonderen Toten betrauert haben.“ (Hage 2024: 181) Den rund 1.200 israelischen Toten vom 7. Oktober stehen seitdem rund 46.000 palästinensische Opfer des Gaza-Kriegs gegenüber (Stand: Januar 2025 Statista 2025).

Schluss: Eine postkoloniale Perspektive

Hinsichtlich der Fragestellung, wie die Ansicht, dass postkoloniale Studien antisemitisch seien, über unterschiedliche politische Lager hinweg hegemonial werden konnte, können die hier angeführten Ansätze (entgrenzter Antisemitismusbegriff, historischer Kontext der BRD, Eurozentrismus und koloniale Muster) zum Verstehen der Konstellation beitragen. Insbesondere die Perspektive der postkolonialen Theorie erweist sich als produktiv zum Verständnis ihrer eigenen Marginalisierung und der aktuellen diskursiven Konstellation – nur wenige werden gern mit den blinden Flecken ihres eigenen Selbstbilds konfrontiert. Eine postkoloniale Perspektive sollte sich allerdings mit Stuart Hall bewusst sein, dass klare Linien zwischen Gut und Böse schwer zu ziehen sind und der Politik binärer Oppositionen eine Absage erteilen. (Hall 1996: 222) Für unser Thema hieße dies meines Erachtens, dass die Unterschiede zwischen europäischem und zionistischem Kolonialismus, allen voran Antisemitismus als Motiv des letzteren, nicht außer Acht gelassen dürfen, genau wie die einzigartigen Aspekte des Holocaust zum Beispiel in Form der bürokratisch-industriellen Vernichtungsmaschinerie. Auch sollte im Hinblick auf den Nahostkonflikt natürlich auch der Anteil arabischer Akteure (einschließlich der Hamas) am Leid der palästinensischen Menschen nicht unerwähnt bleiben, aber auch am Leid der jüdischen beziehungsweise israelischen Menschen durch Terroranschläge und nicht zuletzt das Massaker und die Geiselnahmen vom 7. Oktober. Die Asymmetrie des Konflikts und die Parteinahme für die militärisch unterlegene und völkerrechtlich legitimere Seite darf nicht wie in manchen Beispielen des Vulgärpostkolonialismus auf den sozialen Medien zu einer Empathielosigkeit mit israelischen Opfern führen. Auswege aus der Gewalt sind aus einer postkolonialen Perspektive nur denkbar, wenn ein Begreifen des Schmerzes der Opfer der anderen Seite (Wiedemann 2022) und eine solidarische Verknüpfung der Leiderzählungen (Rothberg 2021) an die Stelle einer Opferkonkurrenz treten und jenseits der kolonialen Differenz zu Empathie und Gerechtigkeit führen.

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