Sozialpolitik als Bereitstellung einer sozialen Infrastruktur

Die Diskussion

Kapitalistische Sozialpolitik, wie sie historisch bei uns seit dem 19. Jahrhundert entwickelt wurde, ist Politik zur Reproduktion der Lohnarbeitskraft. Sie verstetigt das Lohneinkommen zwischen aktiven und abhängigen Phasen der Lohnarbeiter-Existenz. (Umverteilung ist sie vor allem zwischen diesen Phasen, nicht zwischen „oben“ und „unten“.) Soweit die Lohneinkommen auch den für die Wirtschaft notwendigen „Konsum“ ermöglichen, ist Sozialpolitik zugleich Wirtschaftspolitik: Sie verstetigt die Absatz-Möglichkeiten der Konsumgüter-Industrie und stützt indirekt auch andere Sektoren der Wirtschaft.

Neue Wohnungsnot im Kontext der neoliberalen Globalisierung

von Werner Heinz

In vielen Städten und Gemeinden wie auch in den Medien ist zunehmend von Wohnungsengpässen und „Wohnungsnot“ die Rede. Diese Wohnungsnot ist keine allgemeine, wie in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern eine besondere, auf bestimmte Teilräume, Teilmärkte und Bevölkerungsgruppen beschränkte. Der ökonomischen und sozialen Polarisierung entsprechend, die mit dem neoliberalen Globalisierungsprozess einhergeht, kommt es auch auf dem Wohnungsmarkt zu einer deutlichen Spaltung: klein- wie auch großräumig. Regionen mit Rückgängen bei Wirtschaft und Bevölkerung weisen erhöhte Leerstandsquoten auf, in Großstädten und Wachstumsregionen wie München, Rhein-Main, Köln-Düsseldorf oder Hamburg wie auch in wirtschaftsstarken und attraktiven Mittel- und Universitätsstädten nimmt die Zahl gut ausgestatteter teurer Wohnungen kontinuierlich zu, während gleichzeitig das Marktsegment „bezahlbarer Wohnraum“ drastisch schrumpft.

Zur (Nicht-) Aktualität der sozialen Infrastruktur

von Joachim Hirsch

Nachdem die populistisch aufgeheizte „Flüchtlingsfrage“ vielleicht auch wegen fehlenden Anlasses etwas in den Hintergrund getreten ist, kommt wieder stärker in die Schlagzeilen, was die wirklich drängenden Probleme der Leute sind. Bei den aktuellen Wahlen in Hessen und sogar Bayern spielten diese jedenfalls wieder eine deutlichere Rolle. Das Debakel der CSU hat auch damit zu tun, dass sie jahrelang das Flüchtlingsthema hochgepuscht hat. Was zeigt, dass es wenig lohnt, der AfD nachzulaufen. Und auch die lange mit sich selbst – oder genauer: Seehofer – beschäftigte Bundesregierung will sich neuerdings wieder „Sachfragen“ zuwenden, also mit dem, was „den Menschen da draußen“ auf den Nägeln brennt: die Wohnungsmisere, der Verkehrsinfarkt, die Luftverschmutzung, das Klima, die Renten, das Gesundheitswesen, bei dem der Pflegenotstand aktuell das beherrschende Thema ist. Und natürlich immer wieder die Bildung.