Demokratie jenseits von Corona

von Roland Roth

Die Corona-Pandemie ist eine einschneidende gesellschaftliche Herausforderung, die alle Lebensbereiche tangiert. Dieser Beitrag thematisiert nur einen kleinen Ausschnitt. Zu den einschneidenden Erfahrungen in der Corona-Krise gehört, dass Bürgerbeteiligung und eine aktive Zivilgesellschaft – in besseren Tagen als Grundpfeiler einer vielfältigen Demokratie gefeiert – weithin unter die Räder geraten sind. Beide scheinen Schönwetter-Veranstaltungen, deren Produktivität in Krisenzeiten unter eingeschränkten Bedingungen und bei der Bewältigung unerwarteter Herausforderungen nicht gesehen wird.

Sicherheitsstaat 4.0

von Joachim Hirsch
1980 erschien im damals noch existierenden Athenäum-Verlag mein Buch „Der Sicherheitsstaat – Das „Modell Deutschland, seine Krise und die neuen sozialen Bewegungen“. Anlass dazu war der Ausbau der staatlichen Kontroll- und Überwachungsbefugnisse im Zuge des Kampfs gegen die RAF im „Deutschen Herbst“. Meine Untersuchung sollte zeigen, dass die sicherheitstechnische Aufrüstung der staatlichen Apparatur mehr war als eine aktuelle und situationsbezogene Maßnahme.
Die „Corona-Krise“ und die Form des Umgangs mit ihr bezeichnet nicht nur eine weitere, sondern auch sehr einschneidende Etappe dieser Entwicklung.

Die Krise der Krisenerfahrung

von Christoph Görg
Es ist noch lange nicht klar, wie denn die Pandemie sich weiter entwickeln wird – und was ihre ökonomischen, sozialen, politischen und ökologischen Folgen sein werden. Das liegt am Charakter dieser Krise, die als sozial-ökologische Krise globalen Ausmaßes eine überaus komplexe Dynamik entfaltet. Zudem häufen sich die Anzeichen dafür, dass die Pandemie als Vorwand für eine ganze Reihe politischer Projekte genutzt wird.

Auf dem Weg zur Post-Politik

von Holm-Detlev Köhler

Der britische Soziologe Colin Crouch (Post-Democracy, Oxford 2004) eröffnete dieses Jahrhundert mit dem Konzept der Post-Demokratie, nach dem sich die demokratischen Institutionen in formale Hülsen ohne jeden Inhalt verwandeln, eben das, was sein deutscher Kollege Ulrich Beck als Zombie-Institutionen bezeichnete. Dabei handelt es sich um formal gesehen demokratische Institutionen, die von einer ökonomisch orientierten Elite gemanagt werden, und zwar hinter dem Rücken der Bürger*innen, ganz im Stil einer neuen Aristokratie. Die letzten Wahlen zum Europaparlament ergänzten die Post-Demokratie um die Post-Politik.

Stirbt die Demokratie im Internet?

von Joachim Hirsch

Es gab Zeiten, da wurden große Hoffnungen auf eine demokratisierende Wirkung des Internet gesetzt, so etwa das Entstehen einer freien, nicht mehr von Staat und Medienmonopolen kontrollierten Öffentlichkeit, umfassende Recherchemöglichkeiten, ein breiter Austausch von Informationen und Meinungen, Chancen für eine Bürger*innenbeteiligung in allen wichtigen politischen Fragen, also mehr unmittelbare Demokratie und einiges andere. Was also ist passiert, dass von alledem heute kaum mehr die Rede ist?